Ria Klug
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Die Literaturexpertin Edi LaGurki im Gespräch mit Ria Klug

Ich habe die Autorin Ria Klug zu einem Interview gewinnen können. Frau Klug, Sie bezeichnen sich als queer. Was verstehen Sie darunter?

Frau Klug war meine Mutter. Die hat sich meines Wissens nicht als queer bezeichnet.

Wie darf ich Sie denn ansprechen? Mit Ria?

Wie sonst? So heiße ich nun mal.

Ria, Sie firmieren als queere Autorin. Können Sie uns erklären, was Sie damit meinen?

Damit meine ich, dass ich Autorin und queer bin.

Aha, interessant. Was bedeutet das für Ihre Art des Schreibens?

Ich setze Buchstabe nach Buchstabe und Wort nach Wort. Eine andere Methode beherrsche ich nicht. Meinen Sie, ich sollte eine erarbeiten?

Nein, nein, ich meine, in Ihren Büchern kommen häufig Figuren vor, die homo- oder transsexuell sind. Haben Sie eine besondere Affinität zu solchen Kreisen?

Muss ich das? Ich lebe in Berlin, da begegne ich auf Schritt und Tritt trans- und homo. Abgesehen davon starrt mich solch ein Mensch ständig aus dem Spiegel an. Wie könnte ich da was Anderes schreiben? Ich finde sowieso, über cis*Heteros wird viel zu viel geschrieben. Heutzutage muss man offenbar bloß hetero sein um in die Zeitung oder ins Fernsehen zu kommen. Das ist doch nicht mehr normal!

Ähm, ja ... wie Sie meinen. Ria, wie sind Sie eigentlich zum Schreiben gekommen?

Schreiben hat mich schon immer interessiert. Auf der Kreidetafel entsteht ein sprechendes Bild, später tanzen Buchstaben auf Papier und erzählen eine Geschichte wie beim Ballett. Dennoch habe ich einen anderen Berufsweg gewählt. Sicher weil mir als junger Mensch die Geduld fehlte. Denn literarisches Schreiben ist genau das: Geduldig an den eigenen Fähigkeiten arbeiten, mithin an den eigenen Texten. Das ist Schwerstarbeit, ziemlich total geile Schwerstarbeit.

Jetzt scherzen Sie aber, nicht?

Wenn Ihnen meine Antworten nicht gefallen, schreiben Sie sich einfach selber welche. Dann werden Sie schon merken, dass ich recht habe.

Bitte, ich wollte Sie nicht ...

Schon gut, bitte keine Entschuldigungen. Die setzen mich unter Zugzwang. Aber bevor Sie weiterbohren, erzähle ich, worauf Sie hinauswollen. Ich war viele Jahre Tischlerin und habe Geschichten in Holz umgesetzt. Irgendwann spürte ich, es wird Zeit sich die Sache leichter zu machen. Jetzt lasse ich Geschichten auf Holzderivaten wachsen.

Und warum gerade Kriminalromane? Wie sind sie darauf gekommen?

Ich lese halt selbst gerne welche. Vor dem Einschlafen zu lesen mag ich sehr, wenn ich alleine bin. Wenn es nichts Spannendes ist, schlafe ich zu schnell ein.

Aber irgendetwas muss doch den besonderen Reiz für Sie ausmachen. Es gibt doch auch spannende Bücher, die kein Krimi sind.

Echt, welche?

Ähm ...

Schon gut, ich will Sie nur ein bisschen foppen. Für mich liegt der Reiz des Krimischreibens in der wundervollen Möglichkeit Sachverhalte, Ereignisse, Konflikte literarisch auszumessen und zu erweitern, und das ohne zu langweilen. Ein Krimi schafft idealerweise einen Spannungsbogen und arbeitet auf einen Höhepunkt hin. Gelingt das, flutschen die sperrigen gesellschaftskritischen Inhalte geschmeidig ins Großhirn der Leser_innen.

Diesen Effekt habe ich an mir selbst erlebt, seitdem schlägt mein Herz für Kriminalromane, in denen mehr passiert, als dass ein Kommissar ein paar Übeltäter fängt und so die bürgerliche Ruhe wiederherstellt.

Interessant. Nun habe ich zufällig entdeckt, dass Sie auch ein paar Krimikomödien geschrieben haben. Wie passt das zu Ihrem Anspruch?

Erstmal gefällt mir nicht, dass Sie nur zufällig auf meine Komödien gestoßen sind. Das sollte selbstverständlich sein!

Entschuldi ...

Nicht entschuldigen, zum Donnerwetter! Mein Anspruch besteht darin, Menschen mit meinen Geschichten zu unterhalten. Die Komödien leisten das auf hervorragende Weise. Das habe ich schon beim Schreiben festgestellt. Wenn Sie das gelesen haben, sollte Ihnen aufgefallen sein, dass ich den Regionalkrimi durch den Kakao ziehe und mich nebenbei noch ein wenig über gewisse Formen des Zusammenlebens lustig mache.

Warum tun Sie das?

Ich lache gerne ... Mit Humor kann ich manches besser ertragen.

Was können Sie mit Humor besser ertragen?

Die vielen Fragen, zum Beispiel.

Möchten Sie das Interview gerne abbrechen, Ria?

Um Himmels Willen ... Nein, nein, fragen Sie nur!

Na schön. Wie kommen Sie auf Ihre Geschichten? Ich meine, welche Stoffe interessieren Sie am meisten?

Es passiert so, dass ich etwas lese, meistens in der Zeitung. Eine kurze Meldung die mein Interesse erweckt reicht, dann keimt eine Idee in mir. Zum Beispiel ein Polizeispitzel in der Roten Flora, oder ein versuchter Überfall auf einen Geldtransporter, der als RAF-Methode bezeichnet wird. Ich empfinde das als etwas Organisches, dieses Keimen und Wachsen. Konfliktlinien ziehen sich wie Hopfen am Maschendraht durch das Fragment der Geschichte. Das Nächste, was ich dann brauche, sind starke Figuren. Figuren, die Eigenleben entwickeln und mitschreiben. Schließlich habe ich Szenen im Kopf, die ich niederschreibe.

Plotten Sie nicht?

Jetzt haben Sie aber gut aufgepasst. Wie ein:e Investigativjournalist:in, Respekt.

Ja, ja, also um auf meine Frage zurück...

Ich schreibe nur Ideen und Figurenbeschreibungen auf, die hängen dem Fließtext an. Wenn ich an der Geschichte weiterschreibe, schiebe ich diese Notizen wie bei einer Eiszeitmoräne als Geröll vor mir her, schleife sie rund und zermalme, was ich nicht mehr brauche.

Meinen Sie das ernst?

Aber ja doch. So schreibe ich.

Interessant. Und wie recherchieren Sie für Ihre Inhalte?

Sie haben vollkommen recht, das muss sein, ich weiß ja nicht alles ...

Ach, wirklich nicht?

Nein. Deswegen recherchiere ich. Zuerst lese ich alles, was ich zu dem gesuchten Thema im Internet finden kann. Dann suche ich nach Sekundärliteratur, aber nur nach solcher, die ich in Bibliotheken ausleihen kann.

Warum nur in Bibliotheken?

Glauben Sie, dass ich mir vom Schreiben Bücher kaufen kann? Ich bin froh, wenn ich mir ab und zu einen neuen Griffel leisten kann. Metaphorisch gesprochen.

Ah ja. Suchen Sie auch nach Zeitzeugen oder Personen, die sich im entsprechenden Milieu bewegen oder bewegt haben?

Wo denken Sie hin? Dazu müsste ich herumreisen, das kann ich mir noch viel weniger leisten. Als Autorin lebt man für die Kunst und glauben Sie mir, das ist eine Kunst.

In welcher Tradition sehen Sie sich? Haben Sie ein schriftstellerisches Vorbild?

Das sind zwei Fragen auf einmal. Aus ökonomischen Gründen möchte ich sie in einem Begriff beantworten ...

Ja?

Ich suche noch.

Vielen Dank für das Gespräch, Ria. Wenn Sie den Begriff gefunden haben, können Sie sich gerne bei mir melden.

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